“Und aus der Mitte entspringt ein Fluss”
Es gibt dieses wundervolle Buch von Norman Maclean, „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“. Robert Redford hat es verfilmt, ich glaube, die Story kam 1992 in die Kinos. Das Buch endet mit dem für mich berührendsten Ende der Literaturgeschichte:
“Schließlich verschmelzen alle Dinge zu einem, und aus der Mitte entspringt ein Fluss. Der Fluss entstand durch die große Weltenflut, und er fließt über Felsen aus dem Urgrund der Zeit. Auf manchen Felsen sind zeitlose Regentropfen. Unter den Felsen sind die Worte, und manche der Worte sind die Worte der Felsen. Ich werde von Wassern verfolgt.”
Ich glaube, wir alle werden von Wassern verfolgt. Und nicht nur verfolgt: Unser Körper besteht zu maßgeblichen Anteilen aus Wasser. Wasser ist ein Informationsträger, und manchmal frage ich mich, ob in unserem Wasser gespeichert ist, was wir erinnern. Nicht ohne Grund werden unser Gehirn und Nervensystem zu über 90 Prozent Wasser sein. “Wasser des Lebens” erhält da eine ganz neue Konnotation – Wasser ist zugleich das Element der Gefühle.
Gefühle im Fluss
Neurosensorisches Training stellt keine “klinische” Herangehensweise dar, sondern eine, die auf Mitgefühl und Einfühlungsvermögen beruht. Nur wenn ich in der Lage bin, mit Ihnen mitzufühlen, kann ich Sie im Rahmen neurosensorischen Trainings adäquat anleiten. Es ist Ihr eigenes Nervensystem, das Ihnen jede erdenkliche Lösung anbietet – wenn Sie sie erkennen und annehmen können. Das zu lernen und zu lernen, mit den Einladungen Ihres Nervensystems zu Ihrem Vorteil umzugehen, funktioniert nicht ohne Mitgefühl.
Zugebenermaßen funktioniert es auch nicht ohne Fachwissen, deshalb vermittle ich Ihnen im Rahmen neurosensorischen Trainings auch die theoretischen Hintergründe. Das Training ist also nicht “nur” praktischer Natur. Witzigerweise wird Ihr ‘System’ mit zunehmendem Verständnis für biologische Zusammenhänge Ihnen gegenüber grundsätzlich offener – insbesondere hinsichtlich seiner “Bereitwilligkeit”, sich auf inneres Spurenlesen einzulassen, was es bei den meisten Menschen aus fragwürdiger Gewohnheit heraus tunlichst vermeidet. Fast alle meine Klienten berichten, dass “allein es zu wissen” bewirkt, dass ihr Körper beginnt, ihnen mehr zu vertrauen – und sie ihrem Körper. Sie beginnen, Reaktionen, Gefühle und Emotionen besser zu verstehen und konstruktiv gestaltend mit ihnen zu arbeiten, so unangenehm sie im Einzelfall sein können.
In Sachen Mitgefühl greife ich im Rahmen neurosensorischen Trainings auf das folgende Stufenmodell zurück, das der kanadische Arzt Dr. Gabor Maté entwickelt hat:
Stufe 1: verstehendes Mitgefühl
Ich verstehe, warum Sie fühlen, was und wie Sie fühlen. Ich (er)kenne die Ursache Ihrer jeweiligen Problematik unabhängig von dem, was sie auslöst (bzw. ich bin in der Lage, diese Ursache mit Ihnen gemeinsam herauszufinden).
Stufe 2: anerkennendes Mitgefühl
Ich erkenne an, dass ich nicht die ‘Expertin’ bin, die darüber urteilt, ‘was mit Ihnen nicht stimmt’. Was immer in Ihnen ist, ist genauso in mir. Ich bin nicht besser als Sie. Wir sind gleich.
Stufe 3: wahrheits-orientiertes Mitgefühl
Ich helfe Ihnen nicht dabei, zu verdrängen oder irgendetwas ‘wegzumachen’, zu übertünchen, ‘wegzuatmen’, ‘wegzumeditieren’ oder sonstwas. Ich helfe Ihnen, Verdrängtes aufzudecken, es zu erkunden, es zu erfahren – und es dann zu verändern. Denn der Weg aus einer Belastung führt mitten durch diese hindurch, nicht außen herum. (Wichtig: Ich setze dennoch keine sogenannten „kathartischen“ Methoden ein, die Sie beispielsweise zwingen, ein Trauma wieder und wieder zu durchleben, damit es sich “auflöst”. “Immer wieder Durchleben” löst ein Trauma eben gerade nicht auf. Ich arbeite mit Ihnen deshalb an dem, was hier & jetzt IST. Es genügt, das zu verändern – auch und gerade im Hinblick auf die Auflösung von Traumata. Mehr zum Thema unter Trauma ist nicht, was Sie denken.)
Stufe 4: möglichkeiten-zentriertes Mitgefühl
Ich sehe in den Dingen, die Sie belasten (in welcher Weise auch immer) Chancen und Möglichkeiten, zu wachsen – aus diesen Dingen sprichwörtlich herauszuwachsen wie aus einer alten Haut, einem Kokon, einer früheren Gestalt. Und ich sehe in Ihnen die Fähigkeit, das zu können – auch, wenn es Ihnen im Augenblick vielleicht schwer fällt, selbst daran zu glauben.
Stufe 5: radikales Mitgefühl
Radikales Mitgefühl bedeutet, anzuerkennen, dass jeder, der einem anderen (bewusst oder unbewusst) etwas antut, eigene Erfahrungen weitergibt. Tatsächlich befindet sich jeder von uns auf beiden Seiten dieser “Täter-Opfer-Dynamik” (da ich die Begrifflichkeiten nicht mag, spreche ich in der Regel von “Sender” und “Empfänger”). Radikales Mitgefühl ist keine Entschuldigung von und auch keine Legitimation für irgendetwas. In seiner Essenz erfordert es eine Entscheidung: die Entscheidung, mit sich selbst radikal mitfühlend zu sein. Auf dieser Entscheidung basieren die Fähigkeit und Bereitschaft, für sich selbst (das eigene Fühlen, Denken und Handeln) Verantwortung zu übernehmen. In dieser Verantwortungsübernahme (was ein Prozess ist) liegt der Schlüssel zu dem, was man als Selbstheilung bezeichnet. Selbstheilung selbst geschieht von allein (Sie können sich dabei zusehen) – und sie geht nicht zuletzt Hand in Hand mit der Entfaltung Ihres ureigenen, authentischen Potenzials (das ich gern als “Wildes Selbst” bezeichne).
Ist neurosensorisches Training eine Therapie?
Neurosensorisches Training ist keine Therapie. Es ersetzt auch keine Therapie, die im Einzelfall vielleicht sinnvoll oder erforderlich sein mag.
Neursensorisches Training – wie ich es umsetze und was es bei mir beinhaltet – kann für Sie genau das Richtige sein, wenn Sie sich beispielsweise
- in einer sehr schwierigen Lebensphase befinden und mehr als bloße “Lebensberatung” brauchen,
- von irgendetwas abhängig sind oder befürchten, es zu sein oder zu werden,
- Sie gesundheitliche und/oder psychische Probleme haben – oder befürchten, in solche ‘hineinzurutschen’,
- eines Ihrer Kinder, Ihr Partner oder ein anderer Ihnen nahe stehender Mensch gesundheitliche und/oder psychische Probleme hat,
- Ihnen wegen bestimmter “Eigenschaften” manche Dinge schwer fallen,
- Sie Schwierigkeiten insbesondere mit Ihrem Hund haben oder glauben (oder gesagt bekommen haben), dass diese Schwierigkeiten etwas mit Ihrer “Persönlichkeit” zu tun haben,
- wenn Sie verborgene Stressauslöser und/oder ungelöste Traumata in Ihrem Leben aufspüren und wandeln wollen,
- wenn das, was Sie bisher versucht haben, um sich selbst zu helfen, nicht oder nur teilweise funktioniert hat,
- wenn Sie die Wartezeit bis zu einer Therapie überbrücken möchten,
- wenn Sie eine Therapie vorbereiten möchten, um für sich den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen,
- wenn eine Therapie (oder noch eine Therapie) das letzte ist, was Sie brauchen, wollen oder sich vorstellen können,
- wenn Sie sich spirituell weiterentwickeln, mehr mit sich selbst in Verbindung sein, sich mehr Authentizität zutrauen und “herausnehmen” möchten,
- wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie in Ihrem Leben irgendetwas hemmt und verhindert, dass Sie Ihr Potenzial voll entfalten und Ihr Leben so leben können, wie Sie es möchten,
- wenn Sie in Ihrer eigenen Arbeit mit Kunden, Klienten oder Patienten neurosensorisches Training einfließen lassen möchten.