Was haben Schwalben mit neurosensorischem Training zu tun?

“Eine Schwalbe macht den Sommer” war Anfang der 2000er Jahre der Titel einer französischen Filmkomödie. Ich habe den Film nie gesehen, aber der Titel ist mir im Gedächtnis geblieben, weil er so wahr ist und in einem so wunderbaren Gegensatz zu diesem pessimistischen Spruch “eine Schwalbe macht noch keinen Sommer” steht. Irgendwann werde ich mir den Film anschauen. Bis dahin könnte den Prozess der Re-Organisation des Nervensystems kaum etwas so zutreffend versinnbildlichen wie die Schwalbe. 

Sind die Überlebensmodi unseres Nervensystems zu häufig, zu lange oder sogar ständig online, befindet sich unser ‘System’ in einer Art Winter – unsere Lebensenergien fließen dann ins Überleben und stehen uns zur Entfaltung unseres kreativen Potenzials nicht bzw. nicht voll zur Verfügung. Wer viel unverarbeiteten Stress hat und/oder von Trauma betroffen ist (was tatsächlich auf die allermeisten Menschen zutrifft, auch wenn sie sich dessen gar nicht bewusst sind), für den wird es u.U. nie richtig Sommer. Manche Menschen befinden sich sogar ständig in einer Art “Winterschlaf” (funktionaler Freeze-Zustand). Neurosensorisches Training führt dazu, dass sozusagen “das Eis schmilzt” und die Lebensenergien befreit werden.

Schwalben-Momente künden von der Re-Organisation des Nervensystems

Vielleicht haben Sie in manchem Frühjahr beim Anblick eines kleinen, flinken Vogels auch schon einmal gedacht:

War das gerade eine Schwalbe?

Dieser kleine Vogel enterte Ihre Aufmerksamkeit, huschte durch Ihr Blickfeld, ließ vielleicht ein perlendes Zwitschern hören – und war wieder verschwunden. Vielleicht ist das Frühjahr noch kühl gewesen, der Himmel verhangen – aber wenn die Schwalben da sind, sitzt der Sommer auf ihrem Rücken. Es gibt dann kein Zurück mehr, der Sommer kommt.

Zwischen Eiszeit und Gedeihen

Genau wie sich die Schwalben im besten Sinne ins Jahr hineinstehlen, so stehlen sich im Zuge von neurosensorischem Training Augenblicke ventral-vagaler Energie in ein Nervensystem im “Winterschlaf”. Oft sind diese Augenblicke zunächst nur spärlich und selten, vor allem, wenn Trauma im Spiel ist oder die Stressbelastung hoch. Im Laufe der Zeit werden diese “Schwalben-Momente” aber immer häufiger. Die “Schwalben” reißen hier und da die Wolkendecke des Freeze-Zustandes auf, sodass ein Stück Himmel sichtbar wird, ein Sonnen- oder Sommerstrahl, der zur Erde fällt und Dinge durchlichtet. Je mehr sich im Zuge neurosensorischen Trainings die autonome Selbstregulationsfähigkeit des Nervensystems verbessert, desto mehr führen “Schwalben-Momente” in einen grundsätzlichen Zustand echter Präsenz (mehr darüber unter Präsenz & Selbstregulation). Das ‘System’ nimmt Abschied vom Winter, schafft es, den Zustand der Regulation aufrechtzuerhalten und Sie autonom und automatisch (also ohne, dass Sie irgendetwas tun müssen) in die Anbindung an das Leben zu bringen und Ihre Lebensenergien frei zu machen für das, was Sie von Herzen und mit Hingabe in Ihrem Leben tun möchten, ohne dass Ihre Batterien davon leergesaugt werden.

Eine Schwalbe macht den Sommer

Nicht wenige meiner Klienten sind irritiert, wenn ihre erste “Schwalbe” auftaucht, weil sie erst einmal wieder verschwindet, sich in Luft auflöst. Ganz wie das Vögelchen, das kurz über dem Boden genauso gut Mücken erbeuten kann wie über den Wolken. Aber es ist da, wenn es sich gezeigt hat – und es bleibt Ihr Begleiter. 

neurosensorisches Training, Rauschschwalbe im Flug mit ausgebreiteten Flügeln